Der Kaffeemoment
Kennen Sie den Moment am Morgen, wenn der Wecker geklingelt hat und Sie genau wissen, dass Sie aufstehen müssen? Ich meine den Moment, in dem man sich fragt, was passieren würde, wenn man sich umdreht, sich wieder in die warme Decke kuschelt und noch eine Runde schläft. Der Moment in dem am meisten zu kämpfen hat, weil der innere Schweinehund so groß ist, dass man glaubt, man kann ihn gar nicht besiegen.
Bild Quelle
Das ist mein Kaffeemoment… und ich glaube, hier ist eine gute Stelle um mit meiner Geschichte anzufangen. In diesem, meinem Kaffeemoment, brauche ich Kaffee um ein Mensch zu werden. Besonders im Winter. Draußen ist es noch dunkel und der Biorhythmus sagt einem, dass es noch mitten in der Nacht ist und total doof, wenn man jetzt aufsteht. Aber es bleibt uns ja nichts anderes übrig. Ich schäle mich also mit einer Langsamkeit, die potenziellen Beobachtern grotesk erscheinen könnte, aus meinem flauschigen, warmen Bett und mache mich in meinem orange karierten Flanellpyjama (tragen Sie im Winter etwa etwas anderes im Bett?) auf den Weg in die Küche. Dort mache ich mir einen Kaffee. Und ich mache diesen Kaffee nicht einfach, nein, ich zelebriere jedes einzelne Kaffeeatom, das den Weg in den Filter findet und jedes einzelne Wassermolekül. Ich danke dem Menschen, der den Kaffeeautomaten erfunden hat und ärgere mich darüber, dass ich immer noch keinen hab, der morgens um sechs von allein angeht. Hier wäre das einfachste, einfach für ein paar Euro eine Zeitschaltuhr zu kaufen und zwischen Kaffeemaschine und Steckdose anzubringen. Aber gehen Sie mal in einen Baumarkt und suchen Sie die Dinger. Wenn Sie sie gefunden haben, schreiben Sie mir. Oder viel besser schicken Sie mir eines. Im Baumarkt finde ich nämlich grundsätzlich nie das, was ich gerade suche.
Ich weiß noch, wie ich einmal einen Badezimmerschrank für mein neues Badezimmer kaufen wollte. Die hab ich auch tatsächlich gefunden. Nun bin ich aber, was Bausachen angeht, und wenn es sich nur um Badezimmerschränke handelt, eine totale Nullnummer und deshalb suchte ich den freundlichen Mitarbeiter in der orangefarbenen Latzhose (diese Farbe verfolgt mich irgendwie), um mich beraten zu lassen und ein paar Informationen zu meinem potenziellen neuen Badezimmerschrank einzuholen. Aber, diese Leute werden wohl kaum für ihre beratende Tätigkeit bezahlt. Immer, wenn man grad einen gefunden hat (die sind wie der Topf voll Gold am Ende des Regenbogens: Man weiß, dass Sie da sein müssten, weil jeder sagt, dass es sie gibt, aber noch nie hat jemand tatsächlich einen gefunden), fängt der an zu laufen wie blöd und tut so, als sei er furchtbar beschäftigt. Oder er zeigt vage in irgendeine Richtung die genau entgegengesetzt zu der liegt in die er gerade läuft und verweist einen auf einen zuständigeren Mitarbeiter.
Ja, Sie haben richtig gelesen, ich habe tatsächlich „zuständigeren“ geschrieben. Ist Ihnen noch nie aufgefallen, dass, egal, welchen Mitarbeiter man grad erwischt hat, es nie der zuständige ist. Es ist zum Verzweifeln…
Und deswegen habe ich bis jetzt keine Zeitschaltuhr an meiner Kaffeemaschine. (Und auch noch keinen neuen Badezimmerschrank.)
Während also der Kaffee läuft und sich dieser wunderbare Duft frischen Kaffees in meiner winzigen Wohnung verteilt, gehe ich ins Badezimmer um zu duschen. Natürlich haue ich mir obligatorisch den kleinen Zeh am Wohnzimmertisch an und unterdrücke einen inbrünstigen Fluch. Intellektuelle fluchen schließlich nicht. Ich stelle fest, dass alle meine Handtücher in der Wäsche sind. Na klar. Ich greife beherzt in den Wäschekorb und suche mir das Handtuch, das am wenigsten den Eindruck vermittelt schon zu leben und/oder lebende Organismen auszubrüten und nehme mir vor, öfter Wäsche zu waschen. Wie jeden Morgen. Ich steige unter die Dusche, drehe den Wasserhahn auf und fange in der Überzeugung, dass die Welt mich hasst, an zu hyperventilieren, da das Wasser so kalt ist, dass es in Eiswürfeln auf mich niederprasselte wenn seine Temperatur noch um ein Grad sinken würde.
Das macht wach…
Frierend wie ein nasser Hund steige ich aus der Dusche und rutsche aus. Ich knalle mit einem hingebungsvollen Stöhnen auf die Fliesen und verdrehe mir das Knie. Kann so ein Tag schöner anfangen?! Ich richte mich und meinen geschundenen Körper auf und freue mich auf meinen Kaffee. Nachdem ich mich vorsichtig mit dem Handtuch trockengetupft hab, rubbeln war nicht drin, schließlich hätte ich dabei einen Ebola Stamm dezimieren oder sogar töten können und man ist ja Tierfreund , ziehe ich mir Unterwäsche an und eile in die Küche. Der sadistische Leser erwartet jetzt, dass der Kaffee übergelaufen ist und meine Küche überschwemmt hat. Ätsch!!!! Das ist nicht der Fall. Wenn ich etwas kann, dann ist es Kaffee kochen. ( Niemand ist unnütz, er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen…) Ich schütte etwas Vollkornmüsli (ja, genau das, was so schmeckt wie eingeschlafene Füße) in eine Schale und gieße etwas Milch darüber. Das heißt, ich probiere etwas Milch darüber zu gießen. Sie werden mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass sich das Ausgießen einer dickflüssigen, klumpigen Substanz als schwierig erweist..
Frühstücksmüsli fällt also flach. Macht ja nix. Ich gieße den Rest von dem, was mal Milch war in ein
Schälchen und reiche es meinem Kater. Der hat festgestellt, dass ich in der Küche bin, und sich in der Hoffnung, es würde etwas Anderes als Katzenfutter für ihn geben, strategisch günstig zwischen meinen Füßen platziert. Er riecht kurz an der Milch und beschließt, dass ordinäres Katzenfutter besser ist, als das, was ich ihm gerade angeboten habe.
Mit einem Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass ich seit 3 Minuten losgegangen sein müsste, um meinen Bus zu kriegen. Wieder zu spät, Hauptsache Kaffee.
Beitrag von Maria